Antwort: Wenn jemand in absoluter Stille in sich hineinhört, und sagen kann, er höre absolut nichts, ist dies tatsächlich die Ausnahme. Es ist technisch sehr aufwändig einen Raum mit so hoher Schalldämmung zu bauen, dass drinnen absolute Stille herrscht. Bei einem Versuch im Jahre 1956, durchgeführt von Heller und Bergmann, gaben 94% der Testpersonen nach einem nur 5-minütigen Aufenthalt in der schalldichten Kammer an, etwas gehört zu haben. Die Schlussfolgerung dieses Experiments lautet: die Bereitschaft, einen Tinnitus zu entwickeln ist immer da und wird üblicherweise durch den Umgebungsgeräuschpegel, der kaum unter 35 dB liegt, unterdrückt.
Heute wissen wir, dass die Sinneszellen unseres Innenohres durch ihre spontane motorische Aktivität ständig Töne und Geräusche produzieren. Das heißt, dass es in unserem Innenohr niemals still ist! Immerhin können die im Innenohr produzierten Töne sogar mit einer empfindlichen Sonde im Gehörgang nachgewiesen werden und werden als „Spontane Otoakustische Emissionen“ bezeichnet! Es laufen also auch bei absoluter äußerer Stille ständig Impulse über den Hörnerven und die Hörbahn in die Hörrinde des Großhirnes. Und wenn unser Gehirn all das wieder ausblendet, was der Eigenaktivität unserer Sinneszellen im Innenohr zuzuschreiben ist, so dass wir nur „Stille“ hören, ist dies eine nette Illusion unseres Gehirnes, die mit der Realität wenig zu tun hat. Wahrnehmung ist niemals eine Abbildung der Realität, sondern immer das, was unser Gehirn daraus macht.